Programmieren eines Segelfliegers mit Jeti
(Diesen Artikel gibt es auch unter Technik → Jeti Model )
Nachdem ich vor einiger Zeit einen Leitfaden zum Programmieren eines Flächenfliegers mit allerlei Funktionen für Jeti Fernsteuerungen geschrieben habe, möchte ich mich mit diesem Artikel nun den Spezifika der Segelflieger widmen. Als Gedankenstütze, und um für eine gewisse Stetigkeit der Programmierung in meiner Flotte zu sorgen.
Natürlich gibt es viele Wege nach Rom. Mit der Zeit lernt man dazu. Was sich bewährt, und was nicht. Gerne nehme ich darum nützliche Hinweise und Verbesserungsvorschläge oder ganz neue Ideen entgegen! Ansonsten freut es mich, wenn die Ausführungen nicht nur mir, sondern auch sonst dem Einen oder Anderen nützlich sind.
Ausgangslage der Übung sei ein Segelflieger mit Seite, Höhe, zwei Querrudern und zwei Wölbklappen, die wir auch zu Bremsen benutzen wollen.
Voraussetzung für den Einstieg in diese Anleitung: Der Flieger ist gemäss Punkt 1 und 2 des Grundvorgehens eingerichtet. Wobei wir auf die Grundeinstellung der Wölbklappen noch etwas genauer eingehen werden.
Inhalt
1. Das Cockpit
2. Querruder & Klappen
2.1 Querruderdifferenzierung
2.2 Grundeinstellung der Wölbklappen
2.3 Butterfly
3. Mischung von Querruder zu den Wölbklappen
4. Mischung von Höhenruder zu den Störklappen
5. Flugphasen
5.1 Wölbklappen mit Flugphasen
5.1.1 Stolperstein Butterfly Trim
5.2 Separate Trimmung für jede Flugphase
6. Weiteres…
1. Das Cockpit
An dieser Stelle empfehle ich die Abschnitte «Ein paar Gedanken zur Belegung des “Cockpits”» und «Cockpit Ergonomie» aus dem Schwersterartikel für allgemeine Flächenflieger zu lesen.
Weil es vielleicht das Verständnis im Verlauf dieses Textes fördert, zeige ich hier einfach (m)eine Musterbelegung für unseren (Elektro-) Segler. Ich fliege Mode 2, also die Hauptfunktionen Höhe und Quer rechts, während sich Seite und Gas/Störklappen/Butterfly auf dem linken Knüppel, beziehungsweise auf der linken Seite des Senders befinden:
Wir werden unseren Segelflieger mit Flugphasen betreiben. Für den Anfang brauchen wir die aber noch nicht. Im Gegenteil. Da sich in in jeder Flugphase nur Details unterscheiden, macht es Sinn, zuerst den «Standardfall» sauber auszuprogrammieren, und dann die spezifischen Anpassungen für die Flugphasen vor zu nehmen.
2. Querruder & Klappen
Nachdem wir unsere Servos, Klappen und all die Hebel so eingebaut haben, dass die Servos möglichst ihren ganzen Drehbereich sinnvoll ausnutzen können, stehen vermutlich bei Servoneutralposition nicht alle Ruder im Strak. Querruder, die ja nach oben typischerweise viel weiter ausschlagen als nach unten, schauen zum Beispiel je um den selben Betrag oben aus dem Strak. Da Wölbklappen zum Bremsen so weit wie möglich nach unten ausschlagen sollen, jedoch zur Unterstützung der Querruder nur einen kleinen Betrag nach oben, werden bei Neutralstellung der Servos eher unten aus dem Strak schauen.
Falls beim Grundvorgehen noch nicht geschehen, können wir nun alle Flügelklappen unter dem Menu Modellwahl/- modifikation → Servoeinstellungen mit der Mitteverstellung fluchtend im Strak ausrichten. Auch das symmetrische Einstellen der Maximalausschläge sollte bereits erledigt sein.
2.1 Querruderdifferenzierung
Im Menu Feineinstellungen → Querruderdifferenzierung justieren wir nun die Querruderausschläge so, dass sie den gewünschten Werten entsprechen. Für die Standardflugphase, die wir ja im Moment programmieren, könnte das zum Beispiel 10 mm nach unten und 23 mm nach oben sein. Sollten sich doch leichte Asymmetrien in den mechanischen Ausbau eingeschlichen haben, können wir die Servos durch ausschalten der «Sym.» Funktion separat einstellen.
Nach den ersten Flügen und dem Justieren der Differenzierung kann es Sinn machen, den Modus auf «flugphasenspezifisch» (Mode «S») um zu stellen. Bei zunehmender Verwölbung ist es manchmal wünschenswert, die Differenzierung etwas zu erhöhen. Dabei wird typischerweise der negative Ausschlag (also nach unten) reduziert. Die Differenzierung unterscheidet sich jedoch meist nur marginal und kann – wenn überhaupt – erst mit ausreichend gewonnenem Gefühl für den Flieger erflogen werden.
2.2 Grundeinstellung der Wölbklappen
Um die Wölbklappen sauber einstellen zu können, weisen wir den Klappen im Menu Modellwahl/-modifikation → Funktions+Geberzuordnung temporär einen eigenen Geber zu. Das kann zum Beispiel einer der seitlichen Schieber/Drehgeber sein. Damit können wir nicht nur bequem die Maximalausschläge und Neutralpositionen der Klappen symmetrisch einstellen, sondern auch den gleichwinkligen Lauf der beiden Klappen bei Teilausschlägen. Wir wollen ja keinen rollenden Flieger, wenn wir die Butterfly halb ausgefahren haben. Am einfachsten definieren wir dazu eines der Ruder als Referenz, und versuchen den Lauf des anderen Ruders mit dem «Servobalancer» in den Servoeinstellungen an das «Referenzruder» anzugleichen. Leider ist das ein bisschen ein gfäterlizügs weil sich auch die Punkte links und rechts der aktuellen Position (rot) unnötigerweise ebenfalls immer etwas mit verschieben. Teilweise nützlich ist dabei die «Clr» Taste, mit der man einen Punkt wieder «nullen» kann.
Nicht vergessen, den temporär zugewiesenen Geber danach (jetzt…) wieder zu löschen!
2.3 Butterfly
Wenn wir die (voll) nach unten ausgeschlagenen Wölbklappen zusammen mit (teilweise) nach oben ausgeschlagenen Querrudern als Abstiegs- und Landehilfen einsetzen wollen, dann nennt sich das «Butterfly». In der Futaba-Welt auch bekannt als «Krähe». Jeti hält ein eigenes Mischprogramm unter Feineinstellungen → Butterfly dazu bereit.
Zuerst wählen wir in diesem Menu den gewünschten Geber für die Butterfly Funktion aus. Bei mir ist das P4.
Im Untermenu Quer.-/Flap Einstellung können die gewünschten Ausschläge für Querruder und die Wölbklappen eingestellt und mit P4 ausprobiert werden. Typischerweise wollen wir die Wölbklappen 80-90° nach unten fahren können. Die nach oben gefahrenen Querruder erzeugen zwar auch eine Bremswirkung, wir müssen jedoch darauf achten, dass wir sie nur so weit nach oben fahren, dass noch genügend Ruderweg zum Steuern um die Längsachse übrig bleibt. Sie tragen damit zwar auch zur Bremswirkung bei, jedoch in einem viel kleineren Masse. Eine willkommene «Nebenwirkung» der nach oben gestellten Querruder ist, dass die Strömung an den Flügelspitzen im Langsamflug weniger schnell abreisst. Damit wird die Steuerbarkeit um die Längsachse auch bei höheren Anstellwinkeln noch gewährleistet und dem «Ausleeren» im Landeanflug kurz vor- oder über der Piste entgegen gewirkt wird. Aber ich schweife ab…
Die stark nach unten aufgefahrenen Wölbklappen verursachen durch den zusätzlichen Auftrieb meistens auch ein mehr oder weniger heftiges Aufbäumen des Modells. Das wollen wir natürlich nicht von Hand aussteuern, sondern es soll mit passend dazu gemischtem Höhenruderausschlag kompensiert werden. Mit der Zeit hat man da zwar Erfahrungswerte (oder auch Angaben vom Hersteller), aber wie viel es tatsächlich sein muss, um die Klappen möglichst ohne Last- oder Trim-Änderungen ausfahren zu können, zeigt sich erst beim Einfliegen. Netterweise hat unsere Jeti Steuerung eine praktische Funktion dafür. Im Untermenu Feineinstellung können wir einen Geber auswählen, mit dem wir die Beimischung im Flug einstellen, und damit bereits beim Jungfernflug grob erfliegen können. Wie unsere Motorflieger können wir also auch unseren Segler bereits beim ersten Flug getrimmt landen! (Tipp: Die selbe Funktion gibt es auch für die Querruderdifferenzierung)
Da ich den linken Geber P4 für die Butterfly Funktion benütze, wähle ich für die Feineinstellung den rechten Drehgeber P7 aus. So kann ich im Flug beides gleichzeitig mit je einer Hand bedienen. Beim Einstellen des Gebers habe ich darauf geachtet, dass er von -100 % bis + 100 % reicht («Mitte» Knopf beim Geber auswählen). Damit kann ich im Flug sowohl ein heck- wie auch ein nasenlastiges Moment wegtrimmen. Ausserdem achte ich darauf, dass eine Drehung im Uhrzeigersinn immer zu einem nasenlastigen Flieger führt, während ein Drehen im Gegenuhrzeigersinn den Flieger Hecklastig trimmt. Mach Dir das Leben einfach, Dummerchen ;) Dazu den «Rev.» Knopf beim Geber Auswählen und ausprobieren. Es empfiehlt sich, das vor dem Erstflug nochmals zu vergegenwärtigen…
Als maximal mögliche Tiefen- und Höhenruderbeimischung habe ich beim Beispiel oben 60% des Höhenruderausschlags gewählt. Der tatsächliche Wert hängt nun von der Stellung von P7 ab und bewegt sich damit zwischen -60% und +60%.
Nach dem Flug kann die erflogene Höhenruderbeimischung bequem per «Appl.» Knopf gespeichert werden. Dabei wird die Höhe im Menu Feineinstellung wieder auf 0% gesetzt und der am Drehgeber eingestellte Wert ins Menu Höhenrudereinstellung übernommen. Der Drehgeber ist damit unwirksam, bis ihm wieder ein Wert unterschiedlich 0% zugewiesen wird, der dann erneut zum Aktuell eingestellten addiert wird. Man kann damit also auch bestehende Einstellungen beliebig fein justieren.
Gerade bei Klappen mit sehr grossen Maximalausschlägen (und das hat man bei Butterfly ja fast immer) ermöglicht eine lineare Beimischung des Höhenruders kein momentfreies Ausfahren der Klappen in allen Teilbereichen. Bereits bei vergleichsweise kleinen Ausschlägen der Wölbklappen nimmt nämlich der Auftrieb am Flügel stark zu, und der Flieger benötigt Tiefenruderausschlag, um nicht weg zu steigen und langsamer zu werden. Bei 50% des Ausschlages ist längst die mehr oder weniger volle aufbäumende Wirkung da, aber erst die Hälfte des Höhenruderausschlages. Das ist natürlich zu wenig zur Kompensation. Auch das ist in der Butterfly Funktion von Jeti berücksichtigt und kann über eine Mehrpunktekurve feingetunt werden.
3. Mischung von Querruder zu den Wölbklappen
Bei Wölbklappenfliegern macht es aus Effizienz- oder Agilitätsgründern häufig Sinn, die Querruder und die Wölbklappen zu überlagern: Wenn die Wölbklappen die Querruder unterstützen, dann können die Ausschlagwinkel bei gleicher Wendigkeit verkleinert werden, und wir sparen so etwas Widerstand. Akroflieger gewinnen bei gleichem Querruderausschlag etwas zusätzliche Agilität, wenn die Wölbklappen mit helfen. Also eine runde Sache.
Wir lösen das über Feineinstellungen → Freie Mischer. Dort legen wir einen neuen Mischer von «Quer» zu «Klappen» an. Als Wert wählen wir zunächst 100%. Über die «Edit» Taste kommen wir zu den Detail Einstellungen des Mischers.
Die 100% als Master Wert benötigen wir, weil wir ja (fast) den gesamten zur Verfügung stehenden Ausschlag unserer Wölbklappen nach oben (üblicherweise einige Millimeter) verwenden wollen. Damit die Wölbklappen dabei nicht extrem nach unten ausschlagen, definieren wir eine Dreipunktekurve. Der Ausschlag nach unten können wir damit auf wenige Prozent begrenzen.
4. Mischung von Höhenruder zu den Störklappen
Ebenfalls eine feine Sache ist eine saubere Abmischung der Lastigkeitsänderung beim Betätigen der Störklappen.
Es ist an dieser Stelle hilfreich, die häufig nicht ganz richtig verstandene Wirkungsweise von Störklappen zu beleuchten. Um diese Anleitung nicht allzu sehr mit Flugmechanik in die Länge zu ziehen, habe ich dies jedoch in einen separaten Beitrag zur Wirkungsweise von Störklappen ausgelagert. Auch «alten Hasen» empfehle die Lektüre dieses kurzen Artikels um das Verständnis für die (auch nachteiligen) Folgen, welche der unbedachte Einsatz und die Mischung von Höhe zu Störklappen haben kann, aufzufrischen.
Zum Programmieren ist es wesentlich einfacher als zum Verstehen ;) Wir können dazu nämlich ebenfalls unter Feineinstellungen einen → Freien Mischer von «Störklapen» zu «Höhe» Programmieren. Um den individuellen Wohlfühlwert erfliegen zu können, definieren wir einen Master-Wert von – zum Beispiel – 30% und nehmen als «Switch» einen Drehgeber im Proportionalmodus. Ich habe dazu, analog zu den Überlegungen zum ergonomischen Cockpit, den rechten Drehgeber meiner DC-24 genommen: Mit der linken Hand bediene ich nämlich den Spoiler (Geber 4) und kann so gleichzeitig mit der freien rechten Hand die Höhenruderbeimischung justieren.
Wenn der Drehgeber als «Switch» von -100 bis +100% geht, dann ist eine Trimmung in beide Richtungen möglich. Tipp: Sich vor dem Flug nochmals vergegenwärtigen, in welche Drehrichtung Nasen- und Hecklastig ist. Hier hilft auch ein entsprechend beschriftetes Fliegerblatt dem vergesslichen Hirn bis das Wetter und der Frei-Tag endlich gleichzeitig für den Erstflug passen:
Sobald man den idealen Wert erflogen hat, kann man diesen Fix als «Master-Wert» einstellen und den «Switch» wieder entfernen. Und das tut man am besten gleich sofort. Denn allzu schnell ist es sonst passiert, dass man am nächsten Flugtag ahnungslos mit einem völlig vertrimmten Spoiler startet!
5. Flugphasen
Jetzt starten wir mit den Flugphasen. Diese verwenden wir, um die verschiedenen Wölbklappenstellungen zu steuern. In dieser Anleitung wollen wir beispielhaft vier verschiedene Wölbungszustände abbilden:
- «Normal» – Alle Ruder im Strak
- «Thermik 1» als moderates Thermik Setting, wo der Flieger auch noch einigermassen vorwärts kommt
- «Thermik 2» als stark Thermik orientiertes Setting
- «Speed» mit leicht negativer Verwölbung zum schnellen Vorfliegen
Dazu erfassen wir die Flugphasen mit den gewünschten Schaltern (siehe dazu auch den Abschnitt «Flugphasen» im allgemeinen Artikel).
5.1 Wölbklappen mit Flugphasen
Die verschiedenen Wölbklappenstellungen realisieren wir mit der Flugphasentrimmung im Menu Feineinstellungen. Dazu stellen wir die Funktionen «Quer» und der «Klappen» von global (G) auf flugphasenspezifisch (S) um. Danach können wir die Offsets der einzelnen Klappen für jede Flugphase wie gewünscht einstellen (siehe die Screenshots unten). Das könnte zum Beispiel sein:
- «Normal»: Alle Ruder im Strak
- «Thermik 1»: Wölb +5 mm; Quer +4 mm
- «Thermik 2»: Wölb +8 mm; Quer +6 mm
- «Speed»: Wölb -3 mm; Quer -2.5 mm
Sollten sich die Ruder am linken und rechten Flügel nicht ganz symmetrisch bewegen, so können sie nach deaktivieren des «Sym.» Knopfes auch einzeln verstellt werden.
Etwas nachteilig ist, dass sich dies auch auf das Verhalten der Butterfly Einstellungen auswirkt: Die Endpunkte verschieben sich entsprechend leicht. Hier könnte mit der Servowegbegrenzung sicher Abhilfe geschafft werden.
5.1.1 Stolperstein Butterfly Trim
Der für jede Flugphase mit unterschiedlicher Wölbung eigens erflogene Höhenrudertrimm (siehe Abschnitt «Separate Trimmung für jede Flugphase») addiert sich zum Wert der Höhenruder Einstellung der Butterfly Funktion. Das führt dazu, dass die Höhenruderbeimischung zur Butterfly Funktion nur gerade in einer Flugphase stimmt. Das lässt sich korrigieren, in dem die Höhenruder Einstellung der Butterfly Funktion ebenfalls auf flugphasenspezifisch umgestellt wird, und der Wert s1 von der mit Butterfly eingeflogenen Flugphase in die weiteren Flugphasen übertragen wird. So wird das Landen auch in den weiteren Flugphasen grundsätzlich mehr oder weniger stimmen. Auch hier kann natürlich noch fein justiert werden.
Globale (in diesen Bildern lineare) Standardkurven mit unterschiedlichen Werten für S1. So landet es sich nur in einer der beiden Flugphasen angenehm ausgetrimmt:
Diese Bilder Zeigen 5-Punkte-Kurven, umgestellt auf «flugphasenspezifisch» und danach alle Werte auf 58% korrigiert. Wer will kann die Kurven noch glätten:
5.2 Separate Trimmung für jede Flugphase
Auch bei einem Segelflieger sollte unbedingt mit flugphasenabhänginger Trimmung gearbeitet werden. (Nicht zu verwechseln mit dem zum verwirrend ähnlich benannten «Flugphasentrim», den wir zB. für die Wölbklappen verwendet haben.)
6. Weiteres…
Was hier noch ergänzt werden könnte: Einstellen von Störklappen (wobei das eigentlich recht einfach ist). Antriebe und Fahrwerke sind im allgemeinen Teil (hoffentlich) gründlich abgedeckt. Wenn noch etwas fehlt oder wer bessere oder andere Ideen hat: immer her damit!
Gute Flüge, Michi
Tags: Segelfliegerei, Technik