Was tun eigentlich Störklappen?

25.01.2022

Kürzlich habe ich beim Programmieren eines frisch geschlüpften Segelfliegers einen Mischer eingerichtet, um in den ersten Flügen die Höhenruderbeimischung zu den Störklappen einstellen zu können. In der Programmieranleitung für Segelflieger war das noch nicht dokumentiert, darum habe ich es nachgeholt. Beim Beschreiben der Programmierung erschien es mir sinnvoll, auch auf die häufig lückenhaft verstandene flugmechanische Wirkung von Störklappen einzugehen. Um den Umfang der Anleitung nicht mit vielleicht hilfreichen, aber optionalen Erklärungen und Hintergründen aufzublasen, habe ich die flugmechanischen Aspekte hier in diesen technischen Artikel ausgegliedert. Also, dann los:

Was sind Störklappen und wie wirken sie?

Störklappen sind weit mehr als «Bremsen», als welche sie häufig auch bezeichnet werden. Störklappen sind typischerweise ungefähr auf halbem Weg zwischen Vorder- und Hinterkante, und in der Mitte oder der inneren Hälfte der Tragfläche platziert. Bei modernen Segelfliegern fahren sie meistens nach oben aus, während sie bei älteren Vorbildern manchmal nach beiden Tragflächenseiten ausfahren.

LAK-12 (Bild: Wikipedia /Александр Маркин ), DFS Weihe (Bild: Wikipedia / Bergfalke2)

Beide Varianten stören (englisch: «to spoil», daher auch «Spoiler») die Strömung in einem bestimmten Bereich der Tragfläche, indem sie auf ihrer Lee-Seite eine massive «Ablösung» in Form eines grossen Wirbels verursachen. Dieser Wirbel tut zwei Dinge:

  • Die Erzeugung der Wirbel benötigt Energie. Diese wird aus der kinetischen (und damit beim Segelflieger auch potentiellen) Energiereserve des Segelfliegers geschöpft, was sich als Erhöhung Luftwiderstands äussert.
  • Vor allem aber zerstören die Wirbel einen Teil des Auftriebes der Tragfläche.

Dies hat wiederum zwei Dinge zur Folge:

  • Der zusätzliche Widerstand verschlechtert den Gleitwinkel (und verringert auch die maximal erreichbare Geschwindigkeit im Sturzflug, was hier aber nicht wichtig ist).
  • Der verringerte Auftrieb des Flügels erhöht die Minimalgeschwindigkeit des Flugzeuges.

Ersteres ist uns durchaus willkommen: Ein schlechterer Gleitwinkel bedeutet im Landeanflug eine höhere Sinkrate bei grundsätzlich gleichbleibender Geschwindigkeit. Dies erleichtert uns eine zielgenaue Landung bei passender (Minimal-) Geschwindigkeit für unsere Gleitwunder.
Das Zweite ist hingegen nicht in unserem Sinne: Verringerter Auftrieb bedeutet, dass sich die Minimalgeschwindigkeit, bei der die Tragfläche das Gewicht des Fliegers noch stemmen kann (Abreissgeschwindigkeit), erhöht wird. Genau daher ist es auch nicht unbedingt ratsam, in der Flare-Phase der Landung die halb gesetzten Klappen einfach noch ganz auszufahren: Der Auftrieb kann dabei schlagartig soweit zusammenbrechen, dass aus der eigentlich sanften Landetangente ein abrupter Plumpser wird. Da unterscheidet sich eine Störklappe in ihrer Wirkung also diametral von Butterfly, wo der Auftrieb am Innenflügel erhöht wird.

Was bedeutet das in der Modellflugpraxis?

Im Vergleich zu Ladeklappen oder Butterfly verursachen Störklappen meist keine grössere Lastigkeitsänderung um die Querachse, welche wir mit dem Höhenruder ausgleichen müssten. Es kann sich aber trotzdem anbieten, die Änderungen der Flugparameter Widerstand und Auftrieb «wegzukorrigieren». Der reduzierte Auftrieb, welcher eine Erhöhung der Fluggeschwindigkeit zur Folge hätte, kann zum Beispiel durch Beimischung von etwas Höhenruder kompensiert werden. Es ist dabei jedoch wichtig, sich den oben geschilderten Mechanismen bewusst zu sein: Dass sich nämlich der maximal mögliche Anstellwinkel der Tragfläche nicht verändert (wenn, dann eher verkleinert), die fliegbare Minimalgeschwindigkeit mit gesetzten Störklappen jedoch steigt. Um das Risiko eines unbeabsichtigten Strömungsabrisses im Short-Final zu verkleinern, kann es daher hilfreich sein, die Geschwindigkeitserhöhung, welche durch den zerstörten Auftrieb verursacht wird, nicht komplett wegzutrimmen. Dafür wird der Flieger beim Ausfahren der Störklappen etwas die Nase senken – es ist also in jedem Fall auch ein persönliches Abwägen.

Ein für die ersten Flüge justierbarer Trimm lässt sich sehr leicht programmieren. Wie das geht, findet man eben nun im Abschnitt «Mischung von Höhenruder zu den Störklappen» der Jeti-Programmieranleitung für Segelflieger beschrieben! Bis dann, im Frühling!

Meine ASW 24 im Short-Final vor der Umgestaltung

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