Tigris Helveticus – Oder wie der Tiger in die Alpen, und das Virus in eine ganze Generation kam

09.11.2022

Die Tage werden kürzer Die Nächte werden länger und eigentlich sollten wir uns nun ja in den Kellern genau so vergnügt ans Bauen unserer zukünftigen, wie ans reparieren unserer vergangenen Schandtaten machen. Die langen Abende eignen sich aber auch für gemütliche Stunden vor dem Bewegtbildanzeigegerät und dazu habe ich durchaus noch das eine oder andere Kinematogram für den geneigten (Modell-) Flieger im Köcher. Aaaalso… Fangen wir an mit der Einleitung:

Wie hinlänglich bekannt ist, erfolgt die Infektion mit dem Virus  Aviaticus typischerweise bereits im Verlauf der frühen (bis möglicherweise frühesten1) Kindheit. Durch repetitive Exposition gegenüber den Erregern, welche die zunächst unauffällig Erkrankten zunehmend auch selbst zu suchen beginnen, wird die Krankheit schnell chronisch. Während der Adoleszenz kommt es dann meist zu einem ersten akuten Ausbruch mit heftigen Symptomen, auf welchen im daran anschliessenden jungen Erwachsenenalter häufig eine erste latente Phase folgt. Im Verlauf des Lebens des adulten Virusträgers zeigt sich jedoch der chronische Charakter der Erkrankung immer deutlicher mit länger anhaltenden akuten Episoden, wobei die Behandlung der Symptome immer teurer wird. Für das gesunde Umfeld kann die Krankheit, und das dadurch verursachte Verhalten der Betroffenen, zuweilen bizarre Formen annehmen und löst meistens zumindest partielles Unverständnis aus. Die Infektion endet immer mit dem Tod der Trägers, wobei die Lebenserwartung statistisch kaum signifikant vermindert, die Lebensfreude jedoch deutlich gesteigert ist.

¹ Ob die Überschallknalle, welche während der Zeit des Kalten Krieges regelmässig die noch zarten Trommelfelle bearbeiteten, dabei bereits einen Einfluss auf das Infektionsgeschehen hatten indem sie die permeabilität für das Virus erhöhten, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen.

Zu den in Frage kommenden Vektoren für die Erstübertragung, jedoch ganz sicher für die darauf folgenden Re-Infektionen, gehörten früher typischerweise Träger wie Zelluloidbänder und Funksignale, während heute vor allem Bitströme dafür in Frage kommen. Ein beträchtlicher Teil der heute Schwererkrankten mittleren alters dürfte wohl zu der Generation gehören, welche mit den vor rund 30 Jahren weltweit grassierenden Vektoren «Top-Gun», «Iron Eagle» und «Hot Shots» in Kontakt kamen. Es gab aber auch regionale Wirte, von denen ich hier einen vorstellen will.

Dieser infektiöse Träger des Virus heisst «Tigris Helveticus» und wurde 1981 erstmals beobachtet. Wie inzwischen bekannt ist, wurde er eigens zu diesem Zweck in einem Filmlabor des Schweizerischen Armeefilmdienstes hergestellt und danach absichtlich in der ganzen Schweiz verbreitet. Im Falle der Krankengeschichte des Patienten «X»2 geschah die Infektion im juvenilen Alter durch den intensiven Kontakt mit einer VHS Kassette, auf welche das hochansteckende Material via Zwischenwirt in Form einer Video-2000 Kassette des Grossvaters des genannten Patienten, ursprünglich jedoch vom terrestrischen Fernsehen, übertragen wurde.

² Name der Redaktion bekannt.

Im ersten Teil zeigt der Trägerfilm die Beschaffungs- und Erprobungsgeschichte des Northrop F-5 Tiger II für die Schweizerische Flugwaffe (ja, damals hiess die noch so) in den USA. Im zweiten Teil erhält der Zuschauer Einblick in die Einführung, die Schulung und die Aufgaben des neu beschafften Kampfflugzeuges. Der ganze Film wird musikalisch raffiniert von Gioachino Rossinis Ouverture der Tells Oper begleitet. Untermalt von den zuerst spannungsgeladenen und schliesslich monumentalen Passagen aus diesem weltbekannten Klassiker, schliesst der Regisseur Peter Clausen den Film mit einem eindrücklichen, gut orchestrierten und packenden Feuerwerk eines supponierten Einsatzes der neuen Raumschützer gegen Hunter Erdkämpfer mit Mirages als Begleitschutz. Menschliche – insbesondere jugendliche – Zuschauer dieser Zeit waren danach sofort nicht nur aviatisch, sondern meist auch gleich patriotisch infiziert und für immer verloren.

So. Nun aber genug der Lobhudelei zugunsten dieses nostalgischen Streifens. Seht selbst. Aber denkt daran: Ihr seid selbst schuld, für das, was danach mit Euch passiert 😜

Quelle des Films ist die historische Mediathek unseres Bundes.

Peter Clausen hatte mit «Supercanard» bereits zuvor, 1976, einen wegweisenden Fliegerfilm über die noch junge Patrouille Suisse mit ihren Hawker Huntern gedreht (Remember: It’s spelled H-u-n-t-e-r, but it’s pronounced «Hönter»). Mit den damals nie zuvor gesehenen spektakulären Luftaufnahmen von- und aus Düsenjets mitten im Kunstflug über den Schweizer Alpen und tief über dem oberen Zürichseebecken, gewann der Film mehrere internationale Preise. Auch in diesem Film mit ikonischer Musik untermalt. Aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal…

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