A Grand Day Out
In der zweiten Sommerhälfte war ich mit den zwei grösseren meiner verschiedenen LSen im Süddeutschen Raum, auf einem für grosse Segler bekannten Modellfluggelände, und habe der Nuklearfliegerei gefrönt. Zusammen mit anderen Grossseglerpiloten hatten wir einen tollen und überaus entspannten Schlepptag in angenehm allürenfreier und fröhlicher Gesellschaft.
Meine LS8-18 flog, wie wenn sie nie was anderes getan hätte. Es war ungewohnt, seit langem wieder mal einen Segler ohne Wölbklappen zu fliegen. Die ‘8 ist sehr thermikorientiert ausgelegt. Enorm langsam und majestätisch zog sie ihre Runden und wurde immer wieder mal für einen Manntragenden gehalten, der vorbeizufliegen schien. Lammfromm folgt sie dem Schlepper und kreist handzahm in der Thermik. Von den gut 18 Kilogramm merkt man kaum etwas, sie fliegt einfach wie ein grosser, behäbiger Amigo. Ebenso einfach gelingt die Landung. Nur die Wirkung der Störklappen dürfte etwas ausgeprägter sein. Aber bei so einer langen Piste spielt das zum Glück keine Rolle.
Nun einfach ein paar Bilder. Leider nur vom Handy. Das nächste mal wieder vom Spiegelschletzer. Ich nehms mir fest vor 😇
Danke für den Tollen Tag! Und auf bald wieder 🌤️ 😊
Und wer sich beim Titel dieses Postings an etwas erinnert fühlt: Ja, genau, es handelt sich um einen der legendären Wallace und Gromit Filme. Gut erinnert, Fury 😉
Tags: Fliegen, LS6, LS8-18, Segelfliegerei
«Schön gross» – Teil 3: Was auf der LS8 drauf ist
Nun zum letzten Teil der Renovationstrilogie meiner LS8-18: Nachdem das grössere FES Fahrwerk, der Motor und die ganze RC Technik eingebaut war (Siehe «Schön gross» – Teil 2: Was in der LS8 drin ist, sowie «Schön gross» – Teil 1: Wie es zur LS8 kam), sollte der Flieger auch ein neues, passendes Kleid erhalten.
Das Design
Ausgangslage war ein fast leerer Flieger. Der Vorbesitzer hat die Dame praktisch komplett ausgezogen. Nur die Nase war noch mit dem typischen LS-Keil und dem LS8 Schriftzug verziert. Und zwar in blau.
Ich hatte also grundsätzlich die Möglichkeit, das neue Design auf Basis der bestehenden blauen Nase zu entwerfen, oder den Rest auch noch abzukratzen und ganz frei beginnen.
Während ich bei einem komplett neuen Design leicht auch eine der beliebten Segler-typischen roten, oder LS-typischen leuchtorangen Nasen realisieren könnte, würde bei der blauen Nase zu bleiben bedeuten, grundsätzlich mit dieser Farbe weiterzufahren und auf eine farbige Nase zu verzichten. Natürlich habe ich mir bereits während der ganzen Restaurationsarbeiten Gedanken dazu gemacht…
Ich entschied mich schliesslich, beim Blau zu bleiben und auf dem bestehenden Keil mit Schriftzug aufzubauen. Zum einen besitze ich nämlich schon einige klassische rote Nasen, zum Anderen hat meine LS6 die typische leuchtorange LS-Nase, und zu guter Letzt sind bis jetzt alle meine Segelflieger in grauer Schrift Immatrikuliert. Blau wäre also auch da etwas neues.
Wie schon beim Design der LS6, habe ich eine Dreiseitenansicht von DG Aviation (danke viel mals für das offene zur Verfügung stellen!) als Basis meiner Zeichnereien in Inkscape genommen.
Segelfliegerschrift
Viel Zeit und Gedanken habe ich in die Auswahl der Schrift investiert. Viele nehmen dazu Helvetica oder (die in meinen Augen unschöne) Arial. Ich habe bereits mehrfach die DIN 1451 Mittelschrift verwendet. Diese erfüllt recht gut die gesetzlichen Anforderungen an die Kennzeichnung von Luftfahrzeugen in der Schweiz (gugst Du hier für Deutschland). Doch wenn ich schon mal eine für mich ungewöhnliche blaue Beschriftung umsetze, dann könnte ich doch auch eine neue Schrift evaluieren. So verbrachte ich Stunden beim Sichten und Beurteilen von Schriftbildern. Neben den auf meinem Computer installierten Schriften war mir Googlefonts eine grosse Hilfe. Am Schluss fanden sich folgende Kandidaten in der Endrunde ein:
Klassisch sind die beiden Schriften «DIN Mittelschrift» und die «SNV», als zweite «Beschilderungsschrift». Vor allem Poppins, aber auch Manrope gefielen mir unter den neuen Fundstücken sehr gut. Poppins, weil sie so klassisch schnörkellos ist, und Manrope mit ihrer eckigen Version der Ziffer 3 und der Verwandschaft des Zeichenbildes mit der DIN 1451. Aber auch eine Schrift wie die abgerundete Manjari hat den Reiz des Seltenen bei einem ansprechenden Schriftbild. Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass nicht alle Glyphen dieser Schriften wirklich (direkt) «Immatrikulationstauglich» sind. Ich habe sie für die LS8 (fast) nur anhand des Erscheinungsbildes genau dieser Zeichenfolge beurteilt.
Trotz aller «Studien» habe ich mich wieder für die DIN Mittelschrift entschieden. Da gesetzlich nicht nur die Geometrie der Schrift recht stark vor gegeben ist (wobei da sicherlich ein gewisser Spielraum der Akzeptanz beim Luftamt besteht), sondern vor allem auch die Zeichenhöhe am Rumpf und dem Flügel, hätte eine «Scale Beschriftung» bei vielen der Schriften zu unnatürlich langen Zeichenketten geführt. Durch ihre vergleichsweise kondensierte Schriftbreite ergab sich bei der DIN Schrift das harmonischste Bild. Ganz ohne Anpassung ging es aber auch bei der DIN Schrift nicht: Ich habe den Bindestrich in der Höhe verschoben und mit der horizontalen Linie des «H» beziehungsweise der Mitte der «3» aligniert.
Die evaluierten Schriften habe ich aber nicht vergessen und werde sie sicher wieder mal aus dem Kämmerchen, bzw. diesem Artikel hervor holen. Von allen zuerst vielleicht sogar die Manrope. Dabei würde mich sehr wunder nehmen ob die Eckige «3» vom Prüfer so zugelassen würde. Vielleicht liest das hier ja eine fachkundige Person und kann mir Auskunft geben.
Das Kreuz mit dem Seitenleitwerk
Bei der Gestaltung des Seitenleitwerks gab es ebenfalls Entscheidungsbedarf: Das Schweizerkreuz klassisch, in einem roten Band, oder modern, als freistehende, mehr oder weniger minimalgrosse Flagge? Natürlich ist auch das Hoheitszeichen auf einem Flugzeug gesetzlich reguliert. Bei der LS8, einem Vertreter der jüngeren Flugzeugtypen, trägt die Mehrzahl der Vorbilder lediglich eine Flagge. Trotzdem gibt es beides. Ich habe mich aus ästhetischen Gründen, und aufgrund der leicht verbesserten Sichtbarkeit, für ein Band entscheiden.
An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit ergreifen und allen ausländischen, aber auch einigen Schweizer Modellbauern, kurz eine der wenigen Definitionen des Schweizerkreuzes näher bringen:
Das Schweizerkreuz ist ein im roten Feld aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind.
Artikel 1, Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen
Das Schweizerkreuz hat also keine quadratische Arme. Und es sieht auch nicht aus wie ein «Plus» Zeichen. (Letzteres nicht mehr. Im Spätmittelalter war es durchaus so. Aber da die Fliegerei zu diesem Zeitpunkt noch kein Thema war, erwachsen daraus keine Scale Ansprüche. Aber ich schweife ab…). Auch gibt es Angaben zum Abstand des Kreuzes innerhalb der roten Fläche, welche für ein ansprechendes Erscheinungsbild wenigstens grob eingehalten werden sollten.
Der Rot-Ton ist erst seit wenigen Jahren auf RAL 3020 «Verkehrsrot» oder RGB 255/0/0 festgelegt. Vorher wurden häufig etwas dunklere Rot-Töne verwendet. Auch mir ist das «Verkerhsrot» zu leuchtend, und ich habe mich für die Ritrama Folie «433 Signalrot» (ca. RAL 3001) entschieden.
Immatrikulation und Wettbewerbskennzeichen
Als Wettbewerbskennzeichen wählte ich «M5» weil M(x) = M(x-1)+1 😉 (meine LS6 ist «M4»). Bei der Immatrikulation ging ich ebenfalls vor «wie immer»: Sie sollte in einem zum Flugzeugtyp passenden Bereich liegen. Im Luftfahrzeugregister der Schweiz sind gegenwärtig die meisten LS8 zwischen knapp 3200 und 3400 immatrikuliert. Es galt also, eine «schöne» Zahl in diesem Bereich auszuwählen. Weiter gingen meine Scale-Ansprüche in diesem Fall nicht. Ich habe mich für die 3360 entschieden. Tatsächlich ist die HB-3360 sogar eine LS8-18. Ich habe jedoch nicht versucht, diese nachzubilden (ich habe nicht mal ein Bild von dieser LS8 – wer mir eins zukommen lassen will: sehr gerne :)
Alle blauen Dekorationen habe ich schliesslich aus der Ritrama Folie O-400 «466 Signalblau» (ca. RAL 5005) geschnitten. Diese passt genau zu der bereits vorhandenen Nasen-Deko.
Die Schneiderei
Damit ich dazu auch kurz etwas geschrieben habe: Ich habe mir vor nicht all zu langer Zeit einen Silhouette Cameo 4 Pro Plotter/Cutter zugelegt. Da ich seit dem letzten Jahrtausend ausschliesslich mit Linux und ohne Windows (oder MacOS) unterwegs bin, war mir wichtig, dass mein Plotter gut mit gängigen OpenSource Tools zu betreiben und zu benützen ist. Für die Silhoute Cameo Familie gibt es ein Plugin für Inkscape, welches den Plotter ansteuern kann. Da ich sowieso immer alle Vektorgrafiken in Inkscape zeichne, kam mir das sehr gelegen. Die ersten Versuche und Resultate habe ich an meiner Siai Marchetti vollzogen und umgesetzt. Das Plugin funktioniert recht gut, man muss lediglich vorher alle Grafiken via «Object to Path» oder «Stroke to Path» Funktion in Linienzüge umwandeln. Ersteres gilt für Schriftzüge und Zweiteres für geometrische Formen wie Rechtecke etc.
Während eines fröhlichen Abends hat mein tapferes Schneiderlein einige Laufmeter Folie in Aufkleber für meine zukünftige Schönheit verwandelt:
Folien Aufbringen
Auch als «Folieren» bekannt. Ich habe das schon ein paar mal gemacht. Die Herausforderung dabei ist eigentlich immer dieselbe:
Gleichzeitig
- ) die Folie ohne Blasen und
- ) am richtigen Ort
aufbringen.
Bis jetzt habe ich das immer im Angesicht des Todes mit viel Angstschweiss ohne weitere Hilfsmittel gemacht. Klar, natürlich so gut es geht nach der bekannten Methode: «Von innen her aufbringen und nach aussen An- und Glattstreichen». Aber sowohl die Positionierung, als auch die Blasenfreiheit gelingt einem so immer wieder mal nur in «befriedigender» Art und Weise.
Vor allem für die teilweise über einen Meter langen Aufkleber der LS8 musste daher eine sicherere, zuverlässigere Methode her. Ich wusste, dass so grosse Folien von «Profis» teilweise mit Seifenwasser appliziert werden. Der Wasserfilm verhindert dabei ein sofortiges Verkleben mit der Oberfläche, während die Seife den Zweck hat, die die Klebefolie vollständig zu benetzen indem sie die Oberflächenspannung des Wassers bricht. Mit Seifenwasser präparierte Klebefolien sollten also nach dem Auflegen verschiebbar bleiben und erst ankleben, wenn der Wasserfilm zwischen Folie und Oberfläche herausgestrichen wird.
Beim Nachschlagen im Internet bestätigt sich diese Idee, ergänzt mit dem Hinweis, dass man keine rückfettenden Seifen verwenden soll, wie es viele hautschonende Spülmittel seien. Das leuchtet zunächst ein. Fett ist ja bekanntermassen der Feind jeder dauerhaften Verbindung (höhö). Aber woher zu Teufel soll ich jetzt für diesen einen Zweck eine fettfreie Seife nehmen? Ich beschloss, dass der mögliche Fettgehalt von zwei Tropfen Spüli in einer Sprühflasche keine ernsthafte Gefährdung meiner Folienverklebungen sei, und liess die Tropfen in die ausgediente Flasche fallen.
Als Erstes galt es nun, den richtigen Grad der Befeuchtung herauszufinden. Es zeigte sich schnell: Je weniger, desto besser. Für so ein Schweizerkreuz auf einem 1:2.3 Segler (ca. 15 x25 cm) reicht die Menge eines «Sprutzes» völlig aus. Wichtig ist es, die Seifenwassertröpfchen mit der Rückseite des sauberen (!) Fingers zu einem geschlossenen Film auf der Folienoberfläche zu verteilen. Je mehr Seifenwasser, desto leichter gleitet zwar die Folie, aber desto schwieriger und langwieriger ist es auch, die Flüssigkeit unter der platzierten Folie wieder heraus zu bekommen. Mit dem dünnen Wasserfilm «klebt» die Folie aufgrund der Kapillarwirkung bereits recht gut, lässt sich aber noch verschieben und auch wieder ablösen.
Die Oberfläche hatte ich vorher, im Falle der LS8, mit Reinbenzin entfettet (Achtung: Lösungsmittelveträglichkeit vorher ausprobieren!). Es ist nicht notwendig, die Oberfläche zusätzlich ebenfalls einzusprühen. Sonst gibt es nur zu viel Seifenwasser zwischen Oberfläche und Folie, welches dann schwer wieder raus zu bekommen ist.
Beim Aufbringen hat sich gezeigt: Damit die Platzierung der Motive symmetrisch und an den richtigen Orten gelingt, bietet es sich an, diese vor dem Entfetten mit Malerkrepp zu markieren. So kann man vorher in aller Ruhe einmessen und positionieren. Sobald dann das Motiv an der richtigen Stelle «klebt», mit einer Rakel, zuerst vorsichtig und dann zunehmend mit Druck, das Seifenwasser und die Luftblasen zwischen Oberfläche und Folie herausstreichen. Dabei darauf achten, immer von der Mitte nach aussen zu arbeiten, und das Wasser mit einem Haushaltspapier aufzusaugen, da es sonst immer wieder unter die Folie zurück fliesst. Das braucht durchaus etwas Geduld. Ich habe dies so lange gemacht, bis das Motiv genügend stark klebte, dass ich die Transferfolie sorgfältig abziehen konnte. Danach nochmals vorsichtig mit der Rakel fest streichen und überschüssige Feuchtigkeit mit einem Tuch aufsaugen. Danach sollte man der Folie ein paar Tage Zeit zum Durchtrocknen geben.
Alternativ kann man die Transferfolie nach dem bestmöglichen Ausstreichen des Seifenwassers auch belassen und vor dem Abziehen warten, bis die Feuchtigkeit dazwischen genügend verdunstet ist.
Auch mit der Immatrikulation am Rumpf und am Flügel bin ich gleich verfahren: Position oder Rahmen mit Krepp und 2-3 Millimetern Spatzung markieren, Folie mit wenig Seifenwasser positionieren und dann glattstreichen. So ist es mir gelungen, alle Dekos absolut genau und vollkommen Blasenfrei aufzubringen.
Was nun bleibt…
…ist das finale Auswiegen des alten Schwerpunktes. Mein Vorgänger hatte den Rumpf ohne Flügel vor dem Umbau ausgewogen. Ich werde diesen Schwerpunkt nun wieder einstellen. Dazu rechne ich mit höchstens einigen wenigen Gramm, die es im Heck der LS benötigen könnte.
Ebenfalls offen ist der Feinschliff der Programmierung und die Dokumentation in einem Fliegerblatt. Je teurer, je schwerer oder je schneller, desto weniger will ich schliesslich den fliegerischen Erfolg dem guten Glück überlassen. Doch mehr dazu vielleicht ein anderes Mal…
Bis dann, im Frühling!
Trivia: Die Spuren vergangener Immatrikulationen
Beim Putzen und Werken mit dem Flugmaterial sind auch Spuren des vergangenen Lebens sichtbar geworden. Da ja Gelcoat unter der UV-Bestrahlung durch das Tageslicht langsam vergilbt, entdeckte ich am Rumpf die blassen Spuren einer früheren Immatrikulation. Vermutlich HB-3275. Unter dieser Nummer ist aktuell ebenfalls eine LS8-18 Immatrikuliert. Ob diese früher ein Vorbild für meinen Flieger war?
Die Tragflächen sind in Styropor/Holzbauweise gebaut und mit Folie bespannt. Da vergilbt nix. Aber beim Entfernen einer früheren Immatrikulation muss es die Folie im Bereich der Buchstaben vom Holzfurnier der Tragefläche etwas abgelöst haben. Auch hier ist (war) nur Schemenhaft zu erkennen, was da einmal gestanden haben könnte: «DA-BAYER». Wo mag meine LS8-18 schon überall gewesen sein? Gerade zu dieser speziellen Immatrikulation würde mich die Geschichte wunder nehmen. Ob jemand etwas dazu berichten kann?
Trivia II: Gewichte
Spannend waren für mich auch die Einzelgewichte der verschiedenen Flugzeugteile. Im Verlauf des letzten Jahres, während und nach dem Bau, habe ich sie vermessen. Und damit ich die Notizen nicht länger benötige – schliesslich ist das hier auch mein Notizblog – gebe ich sie an dieser Stelle wieder (und vielleicht interessierts ja tatsächlich irgend jemanden).
Flugzeugteil | Gewicht [g] |
---|---|
Aussenflügel R | 725 |
Aussenflügel L | 725 |
Winglets (L+R) | 98 |
Innenflügel R | 3250 |
Innenflügel L | 3470 |
Höhenleitwerk | 385 |
Rumpf | 7900 |
Rüdiger (Puppe) | 600 |
Akkus (2 x 6s 5 Ah) | 1465 |
Total TOM ~ | 18700 |
Tags: LS8-18, Segelfliegerei, Technik, Werkstatt
«Schön gross» – Teil 2: Was in der LS8 drin ist
Kürzlich habe ich im Beitrag «Schön gross» – Teil 1: Wie es zur LS8 kam beschrieben, wie ich im Frühling zu meinem riesen Baby gekommen bin: Eine LS8-18 im Massstab 1:2.3 mit knapp 19 Kilogramm Abfluggewicht. Der Flieger hatte zuvor bereits mehrere Hände durchlaufen. Der letzte Vorbesitzer hatte begonnen, das Blei in der Nase durch ein FES zu ersetzen. Ich konnte den formschönen Segler in einem frühen Umbaustadium übernehmen. Der zukünftige Antrieb war von ihm bereits definiert und beschafft worden: Ein Torcman FES Antrieb auf Basis eines 14 poligen NT530-35-Z mit 17 Windungen an zwölf Zellen mit fünf Amperestunden und einer 20 x 13 Zoll Freudenthaler Latte. Damit sollen gemäss ecalc bei rund 3.5 KW erstaunliche acht Meter pro Sekunde Steigen raus schauen. Ein ganz vernünftiger Antrieb, den ich da im Package zusammen mit dem Flieger erworben habe, und dessen Einbau ich deshalb wie angedacht fortsetzen würde. Im Herbst ’21 habe ich nun begonnen, den Umbau fortzuführen.
Ein neues (FES-) Fahrwerk
Um aus dem oben beschriebenen “Front Electric Sustainer” (FES) einen eigenstartfähigen Antrieb zu machen, reichte die Bodenfreiheit mit der eingebauten Fahrwerksmechanik von FEMA meiner Meinung nach nicht aus. Der Vergleich der online verfügbaren Masse der langbeinigen FES Version des Fahrwerks mit der Grösse des Rumpfauschnittes liess jedoch hoffen, dass eine Umrüstung ohne Arbeiten an der Rumpfschale möglich sein könnte. Um das zu klären, habe ich den Rumpf daher zur Anprobe nach Hittnau Russikon zu Leomotion spediert. Auch der Augenschein vor Ort am lebenden Objekt bestärkte die gute Hoffnung, obwohl sich dies erst während dem Umbau definitiv zeigen würde.
Nachdem ich das alte Fahrwerk zuhause ausgebaut hatte, zeigte sich, dass die FES Version vermutlich wirklich “auf den Millimeter” in den bestehenden Ausschnitt passen würde. Lediglich der vordere Spannt müsste versetzt werden, um von einem ansehnlichen Gewinn an Bodenfreiheit zu profitieren.
Unten die beiden Fahrwerke im Vergleich und als Spoiler die neu gewonnene Bodenfreiheit:
Also wurde flugs mit dem Umbau begonnen. Den alten Spant habe ich dazu beidseitig eingesägt und dann mit der Bohrmaschine durchlöchert, bis ich ihn herausbrechen konnte. Den Rest besorgte der Dremel mit verschiedenen Fräsköpfen. Nach ein paar Stunden Arbeit war der alte Spant draussen, dafür roch es in meiner Werkstatt wie in einer Rösterei.
Als nächstes passte ich einen neuen Spant aus zwei aufeinander geleimten 8 mm Sperrholzplatten ein. Diesen verklebte ich mittels mit Baumwollflocken eingedicktem Laminierharz mit dem Rumpf. An dieser Stelle habe ich mir kurz überlegt, ob die Nachrüstung einer Federung sinnvoll sein könnte. Bei den Vorbesitzern der LS8 hatte es offenbar ohne geklappt – ich bin sehr auf die Erfahrungen gespannt. Bei einem zukünftigen Projekt dieser Grösse würde ich das jedoch ernsthaft in Erwägung ziehen.
Die Bremse des Fahrwerks habe ich etwas umgebaut, damit sie platzsparender wird. Dazu habe ich in den “Bremsklotz” ein neues Loch gebohrt, den mitgelieferten Bremshebel gerade gebogen und so gekürzt, dass er beim Einfahren durch das grosse Loch in der “Knieplatte” geht. Funktioniert wunderbar und ist komplett zwischen den beiden Radschenkeln versteckt. Leider habe ich davon kein explizites Bild gemacht. Wenn es jemanden interessiert, liefere ich aber gerne eine Zeichnung nach.
Mit dem Anfertigen eines neuen Alu-Steges aus einem L-Profil, um das Fahrwerk am hinteren Spant zu fixieren (weil das Fahrwerk um einige Millimeter nach vorne rutschen musste), konnte der Fahrwerksumbau mit dem praktisch kleinsten zu erwartenden Aufwand abgeschlossen werden.
Motor & RC Einbau
Als nächstes habe ich mich dem “elektrischen” Teil des Fliegers zugewandt. Mein Vorgänger hatte den Motorspant bereits eingeklebt. Mir blieb noch die delikate Aufgabe, das Front-Kugellager für die lange Welle und den Ansteckmechanismus für den Propeller in die Nase zu kleben. Der zweite Versuch, das Lager bei eingebautem Motor mit eingedicktem Fünfminutenepoxy an den Rumpf zu punkten, ist mir gelungen. Danach konnte ich den Motor mit dem Kupplungsstück wieder vorsichtig ausbauen und den Lagerschild mit reichlich eingedicktem 24 Stunden Harz fest einkleben. Die Erleichterung war gross, als am nächsten Tag nicht nur der Motor und die Welle noch mühelos fluchtend rein passten, sondern auch das Lager sich noch drehen liess.
Um die Position der Komponenten für den weiteren Ausbau zu bestimmen, und das heisst hier vor allem auch der beiden Antriebsakkus, habe ich ein allgemeines Probeliegen veranstaltet. Dabei ist folgende, ganz praktische Variante herausgekommen:
Wie man sieht, passt das auch mit dem Karl-Heinz ganz gut (ich muss noch einen Namen für den Onkel finden; Vorschläge zur Taufe nehme ich gerne entgegen).
Die “Akkurutsche”
Wisst ihr noch was das ist? So eine schiefe Ebene, die dem Akku erlauben sollte, im Unglücksfall den Rumpf möglichst ohne Schaden anzurichten – meistens durch die Kabinenhaube – verlassen zu können. So eine bauen wir hier nicht…
Aber ich habe die Akkuhalterung so konstruiert, dass sie abnehmbar sind, und ich später darunter gleich den ganzen Kabelsalat verstauen kann. Parallel zu diesen Arbeiten habe ich auch die Löcher und unschönen Stellen in der linken Bordwand verschlossen und verspachtelt.
Die RC-Technik
Als “Empfänger” habe ich eine Centralbox 220 verbaut. Kleiner Einschub: Also der empfängt ja eigentlich gar nicht, er verteilt vielmehr die Signale seiner Empfänger an die angeschlossenen Servos. Wie sagt man dem am besten? “Verteiler”?
Item. Um bei der Stromversorgung eine hohe Ausfallsicherheit zu erreichen, wird die Centralbox aus zwei Akkus mit je einem Spannungsregler gespiesen. Die Servos seien zwar digital, aber nicht HV tauglich. Daher versorge ich sie mit sechs Volt, wie mir vom Vorbesitzer mitgeteilt und empfohlen wurde.
Die Kabel habe ich wie geplant bequem unter den Akkubrettchen verlegen können:
Als “tatsächliche” Funk-Empfänger kommen ein Rsat2 sowie ein Rsat900 zum Einsatz. Auch hier mit dem Gedanken, die Redundanz zu erhöhen. Die Aufgabe, die Antennen zu verlegen, ist immer delikat: In einem vernünftigen Winkel zueinander sollten sie sein, mit möglichst wenig Abschattung, nicht parallel zu Leitern, und so, dass sie mechanisch nicht exponiert und einigermassen geschützt sind, und die Kabel bitte immer in möglichst grossen Radien verlegen… Besonders die sperrigen und empfindlichen 900 MHz Antennen sind jeweils herausfordernd. Am Schluss ist es immer ein Kompromiss.
Damit war der technische Teil der Restauration und des Umbaus mehr oder weniger erledigt.
Der nächste Teil hat zunächst in stundenlanger Arbeit am Computer stattgefunden… Aber ich will nicht vorgreifen… 🤓
Tags: LS8-18, Segelfliegerei, Technik, Werkstatt
«Schön gross» – Teil 1: Wie es zur LS8 kam
Als ich im November 2020 meine auf Ricardo ersteigerte LS4 abholte, da stand neben meinem neuen Standardklasse Flieger ein weiterer grosser, wohlgeformter Rumpf in der Werkstatt des Verkäufers. Eine LS8-18 sei es, sagte mir der Besitzer. Er habe sie Occasion erstanden und wolle sie nun mit einem FES ausrüsten. Grundlage für dieses Einzelstück sei ein Rosenthal Rumpf im Massstab 1:2.3, zu dem der Vorbesitzer die Flügel gebaut hätte. Es war wirklich ein riesen Rumpf, der da neben dem Werktisch stand. In mir breitet sich ein wohlig-warm-ehrfürchtig-staunendes Gefühl aus. Er wisse aber nicht, ob er den Flieger doch eher verkaufen anstatt fertig umbauen wolle. Seine Interessen hätten sich verschoben.
Ohje. Zum wohlig-warm-staunenden Gefühl in meiner Körpermitte gesellten sich nun zwei Figuren links und rechts auf meinen Schultern die mir beide gleichzeitig in die Ohren quasselten, was zu tun wäre, wenn er sich entscheiden würde, das Projekt abzubrechen. Er soll sich doch bitte bei mir melden, bevor er den Flieger ausschreiben würde, überwand ich mich ihn zu bitten und merkte, wie die Vernunft in mir sich wünschte, dass dies nie passieren würde…
Drei Monate später, Mitte Februar 2021 – ich hatte den Flieger erst gerade langsam vergessen – kam die Nachricht: Er verkaufe die LS8. Sie sei bereits ausgeschrieben. Es gäbe Interessenten, er würde sie aber gerne in meinen Händen sehen. Tja. Das Schicksal wollte meine Karten sehen. Die Aussicht auf so ein Traumschiff in LS-Form liess wieder dieses wohlig-warme – und dieses mal mit Sehnsucht angereicherte – Gefühl in mir aufsteigen. Nach einigen Tagen Bedenkfrist vereinbarten wir schliesslich einen Lokaltermin, um das gute Stück genauer zu begutachten, und vor allem auch in mein Auto probezuladen. Der Eine der beiden Kobolde auf meinen Schultern (das war nicht das übliche guter-Engel-böser-Teufel-Paar) hoffte nämlich inständig, dass die gewaltige Physis des Fliegers dem Traum jäh die Flügel stutzen und die Luft raus lassen würde. “Tja” zum zweiten Mal: Der Trick mit dem Seitenleitwerk auf dem Armaturenbrett funktionierte. Und zwar so gut, dass ich feststellte, dass sogar noch grössere Flieger Platz hätten. So kam es, dass diese LS8-18 den Weg vom Berner Oberland zu mir fand.
Natürlich musste sie als erstes sogleich im Garten aufgebaut werden. Weil, in der Stube hat sie leider keinen Platz 🙃
Wie man sieht, war sie noch ziemlich “leer”, so ganz ohne Immatrikulation und Hoheitszeichen. Und die Winglets brennen den LS-Kennern natürlich auch ein bisschen in den Augen. Aber das sind ja – neben den technischen Baustellen – alles lösbare Probleme. Und an diese ging und geht es in den darauf folgenden Monaten… Bis zum nächsten Bericht!
Tags: LS8-18, Segelfliegerei