Klein, schnell und schnell klein
Anno 1997, während meiner ersten Modellflugkarriere, habe ich an der Modellbaubörse in Dübendorf den “Zip” gefunden. Dabei handelt es sich um einen Voll-GFK Pylon-Renner aus dem Hause Jägermodell, das es heute längst nicht mehr gibt. Damals stand ein ganzes Rudel Zips zum Verkauf. Sturzi und ich konnten nicht wiederstehen und nahmen je Einen mit nach Hause. Ich kann mich nicht mehr an den Preis erinnern, aber der Flieger war komplett mit Motor, Empfänger und den Servos ein guter Handel.
Mit einem Astro .05 und “7s1p” 1000 mAh NC Zellen war sie schwer, schwer alleine zu starten und schnell. Ich bin sie nach dem Kauf nur wenige Male geflogen, bevor sie jahrelang einfach immer mitgezügelt wurde und jeweils, wenn vorhanden, die Werkstattwand zierte. Das ging so bis ich sie kürzlich beim Bauen meiner P-80 wieder einmal bewusst wahr genommen habe. Heut zu Tage müsste dieser Flieger aus dem letzten Jahrtausend, mit Technik aus dem 21. Jahrhundert kampfwertgesteigert, doch eigentlich ganz nett wieder zu aktivieren sein, ging es mir durch den Kopf.
Von Pylon hatte ich damals keine Ahnung und das ist auch in meiner dritten Modellbaukarriere nicht anders. Im Gegensatz zu damals gibt das Internet heute zum Thema Modellflug etwas her und schnell bin ich beim Recherchieren auf den Mega 16/15/3 gestossen, der mit 3s LiPo, einen 4.7×4.7 Prop und um die 30A zum Zip passen sollte. Guter Hoffnung, dass ich das mit dem Schwerpunkt hinbekommen würde, bestellte ich den Motor zusammen mit einem 60A Dymond Regler. Staufenbiel Schweiz lieferte schnell, und bald konnte mit dem Umbau begonnen werden.
Beim Demontieren der Nase kam nicht nur der altehrwürdige und rostige Astro .05 zum Vorschein, sondern ich stellte auch fest, dass mein Prop-Vorrat für den Zip mit 5.5×5.5 CAM Speedprops gefüllt war. Mit diesen Props würde aber das arme Motörchen etwas arg belastet. Weiter stellte ich fest, dass die 4.7×4.7 Variante der Speedprops auch gar nicht auf den 38mm Spinner passte, den der Rumpf aus der SteinBürstenzeit erforderte. Fündig wurde ich dann bei APC. Der APC 4.7×4.7 lässt sich auf die erforderlichen 8mm Bohrung erweitern und passt danach recht gut auf den alten Graupner Pylonspinner.
Dann war da noch der Schwerpunkt. Wo der liegen sollte, wusste ich nicht mehr und habs vermutlich auch nie gewusst. Im RC-Network bin ich auf einen Thread gestossen, der 33-35mm hinter der Nasenleiste angibt. Das dünkte mich dann doch etwas arg weit vorne und es stellte sich heraus, das dies auch gar nicht zu erreichen ist, weil der grosse Regler nicht neben dem 2.2Ah Akku in die Rumpfschnauze passt. Wenn ich aber den Akku gleich hinter dem Motor platziere, und nach dem Akku satt der Regler folgt, kriegt man den Schwerpunkt knapp vor den Holm, was mir auch sinnvoll erscheint.
Für den “dritten Erstflug” nach 15 Jahren Lagerzeit fehlte nur noch die Programmierung. Bei meinem Zip ist nur das rechte QR angelenkt, das Linke ist stillgelegt. Ich habe beides ohne spezielle Hinweise nach Gutdünken eingestellt. Auf dem Höhenruder +/- 2-2.5 mm und beim Querruder 7.5mm nach oben und 5.5mm nach unten. Für den Fall der Fälle habe ich 75% Dual Rate auf dem Querruder und Expo bei 100% Höhenruderausschlag auf einen Schalter gelegt.
Vor dem Start brachte sie vollgetankt 680g auf die Wage. Das erschien mir “recht leicht” für den grossen Flügel, so dass ich keine Angst hatte das Ding hinterm Haus selbst zu schmeissen. Trimm neutral, alle Klappen im Strak, die Ruder gecheckt, Schwerpunkt zwischen auf und kurz vor dem Holm (ca. 45mm, für die, die’s wissen wollen). Gut. Gas rein und den Flieger mit mässig Schwung in die Luft geworfen. Sie fliegt gerade aus weg und beschleunigt. Wunderbar, Entspannung. Dann fällt mir zuerst mal auf wie laut das Fräulein ist und bevor ich mich versah war ich schon fast ausser Sichtweite. Flieger nach links kippen und wieder auf mich zu halten. Verdammt ist das schnell! Gas raus auf vielleicht 2/3. *mmmmiiiiiiiiiiiiiiiuuuuuuuuuuuu* und schon war sie vorbei und am anderen Ende der Sichtgrenze. Okay, Halbgas *mmmmiiiiiiiiiiiiiiiuuuuuuuuuuuu*. Nach einigen Runden hab ich mich dann mit mir selbst auf etwa 1/3 Gas geeinigt. Damit ist sie immer noch wirklich schnell und hat Leistungsreserven ohne Ende, ist aber für mich zum Eingewöhnen gut beherrschbar. Sie fliegt wie auf Schienen und folgt brav den Kommandos; Trimm war keiner notwendig.
Nach einem bisschen Herumtollen habe ich mich dann ans Üben der Landung gemacht. Zuerst mal einfach die üblich Landevolte. Downwind, grosse Basekurve und im Final mit reduziertem Gas reinkommen. Das Fliegerchen flog brav seine Route ab, aber landen würde man so nie können. Sie zog mit gefühlten 120 Sachen vor meiner Nase vorbei. Okay, Gas früher rausnehmen. Gleich nach dem Turn in Final. Keine Chance. Erst als ich bereits im Downwind praktisch nur noch segelte und sie zunehmend langsamer machte, begann das Ganze nach etwas auszusehen, das klappen könnte. Nach einigen Übungsanflügen hatte ich es soweit im Griff, dass ich mich entschied, beim nächsten Mal dann auch tatsächlich zu landen. Tiefe Volte mit nur gerade so viel Gas, dass sie in der Basekurve sicher nicht abschmierte und dann den 150m langen Final herunter gleiten. Als sie an mir vorbei flog, begann die Flarephase und sie landete 70m weiter hinten sanft im Gras :)
Cool, das Fliegerchen! Sie ist wirklich angenehm zu fliegen. Für einen alten Pylon-Hasen ist sie vermutlich eine Schnarchnase, für mich aber ist die Geschwindigkeit wirklich berausschend. Sie ist klein, schnell und wirklich schnell klein ;)