Ein bisschen Modellflugnostalgie und -Geschichte
Kürzlich sind mir die Perseke Bücher wieder mal in den Sinn gekommen: «Das Segelflugmodell» Teil 1 bis 3. Diese Bücher habe ich in den 90er Jahren während meiner Lehrzeit verschlungen. Fluggeräte selbst konstruiert und gebaut hatte zu diesem Zeitpunkt schon viele. Dutzende Freiflieger in allen Grössen von 15 cm bis mehr als 2 Metern und in allen erdenklichen experimentellen Auslegungen und Varianten; Eine Handvoll Raketen und Flugkörper zum Untersuchen der Stabilität von Raketen, und, in dieser Zeit, auch erstmals ferngesteuerte Flieger. Franz Persekes Bücher ergänzten das empirisch erlangte Wissen, das Verständnis und Gefühl aus den Experimenten und Flugversuchen, sowie die theoretischen und praktischen Grundlagen aus meiner Lehre. Franz Perseke ist im Juli 2020 gestorben.
Aber nicht nur inhaltlich haben die Bücher meine «Modellflugkarriere» mitgeprägt, sondern auch mit ihren Bildern. Allen voran natürlich auch die formatfüllenden, farbigen Umschlagbilder. Das Titelbild des ersten Bandes habe ich zusammengezählt wohl stundenlang angeschaut: Dieses grosse, weisse Traummodell im Gras vor dieser ebenso traumhaften Kulisse in den Bergen. Meine Schwäche für die ASW 20 ist vermutlich nicht unwesentlich darauf zurückzuführen. «Wenn ich später mal mehr Geld als ich zum überleben brauche verdienen würde…» waren meine Gedanken – und trotzdem nur schwer vorstellbar, dass es einmal Realität werden könnte.
In einem nostalgischen Anflug habe ich die Bücher heute aus meinem Büchergestell heraus gesucht. Etwas abgekämpft sind sie. Beim Blättern muss man aufpassen, dass die Seiten nicht heraus fallen. Überallhin habe ich sie damals mitgeschleppt. Und das sieht man ihnen an. Die eingescannten Einbände zeigen entsprechend unterschiedliche Spuren, die sich nicht mehr wegretuschieren lassen.
Für die vierte Auflage bekam Band 2 ein neues Deckblatt. Bis zur dritten Auflage hatte das Buch ebenfalls eine rote Überschrift und ein Titelbild in ähnlichem Stil wie der Band 1 und 3:
Aber auch auf der Rückseite von Band 1 und 2 (der vierten Auflage) waren Bilder, die nicht ohne Spuren zu hinterlassen an mir vorbeigegangen sind. Es ist Werbung der längst vergangenen Firma Rowing für ihre LS6 und LS4. Vor allem die grosse LS6 mit dieser auf dem Bild so gut sichtbaren Rumpfform, gepaart mit mehr als vier Metern Spannweite hatte es mir angetan. Auch dieses Bild habe ich Stundenlang studiert. Sowohl eine LS6 als auch eine LS4 befinden sich heute in meiner Flotte.
Spannend ist bei beiden Inseraten auch die Angabe von Gleitzahlen und Sinkgeschwindigkeit wie bei den Personentragenden grossen Geschwistern. Vermutlich handelte es sich dabei aber mehr um theoretische Werte, als um tatsächlich gemessene Daten. Obwohl beides sicherlich sehr gute Flugzeuge waren bzw. sind, lässt einem die vermeintliche Präzision der Angabe von «28.5» als Gleitzahl der LS6 heute eher schmunzeln.
Gekauft habe ich die Bücher, zusammen mit vielen weiteren beim «Kö», einem Modellbauladen in Zürich, den wohl alle Modellflieger in der östlichen Schweiz kannten. «Kö», mit vollem Namen Werner Kölliker, hatte sein Geschäft ganz in der Nähe des Bahnhofs Oerlikon. Unzählige Male sind mein Berufsschul-, Flieger- und Modellfllugkollege Topper AKA Sturzi nach Ende des Unterrichtes mit dem Tram nach Oerlikon gefahren, um in seinem prall gefüllten Modellflugparadies zu stöbern. Ich erinnere mich gut an die Theke mit den Zeitschriften, das kleine sprechende Steifftier und auch Kös Frau hinter der Theke, die uns ebenso häufig bediente. In der Theke verstaut war das riesige Kö-Balsaholz-Sortiment, aus dem ich so viele Flieger gebaut habe. Die Brettchen und Leisten musste er wohl selbst importiert haben, es gab nämlich auch unübliche Dicken wie 0.6 mm (welches ich ab und zu zum Beplanken verwendete – aber ansonsten wellte es eigentlich nur vor sich hin). Im Gegensatz zu den ansonsten im Handel üblichen 100 cm, waren seine Brettchen und Leisten nur 92 cm lang. Noch heute besteht ein Teil meines Balsavorrates aus den Brettchen mit Kö’s charakteristischem Logo – im Stapel leicht an besagter Unterlänge zu erkennen.
Kö war ein Tausendsassa. Eine ganz besondere Leidenschaft, galt der Fliegerei und dem Modellbau und -Flug. Er war aber auch Schauspieler, Kabarettist und im Fernsehen aktiv. Und so lag es natürlich nahe, dass er in den 1960er Jahren im damaligen Schweizer Fernsehen eine Serie zu Fliegerei- und Modellbauthemen produzierte. Das SRF hat ihn 1992 ihn in der Sendung «Treffpunkt» interviewt und zeigt ihn in seinem Ladenlokal in Oerlikon:
Kö ist im Dezember 2013 gestorben. Wer mehr über den Pionier Werner Kölliker erfahren will, dem empfehle ich den Nachruf im MFS von Hermann Mettler (pdf). Sehr empfehlenswert sind auch die Informationen in der «Ortsgeschichtlichen Sammlung Seebach» von Arnold Wirz, die leider seit 2024 nicht mehr Online ist. Die Wayback Machine hat zum Glück die Seiten archiviert, so dass die sehr interessanten und Detaillierten Beiträge zu Werner Kölliker und seinen Flugmodellen heute immer noch gelesen werden können. Auch Urs Leodolter hat einige Seiten des OSG Archives gerettet, wie ebenfalls die IG Albatros eine Kopie der Seite zu Werner Kölliker (mit Bildern) in die Gegenwart gerettet hat.
Der SRF Beitrag ist ein Stück Modellfluggeschichte, den ich nun schon zwei Jahre für die Publikation an dieser Stelle gespart habe. Damit kann ich den Reminder-Browser-Tab endlich schliessen. Gute Nacht 🌙
Tags: Geschichte, Segelfliegerei, vergangene Tage, Video