Die kleine Italienerin: Sebarts Mini Avanti S

26.07.2018

Nach dem ich seit dem ersten Bericht über 50 Flüge mit meiner Mini Avanti auf dem Zähler habe, ist es wohl langsam Zeit für ein kleines Resumé über den Bau, die Fliegerei und meine Erfahrungen mit der kleinen grossen Italienerin.

Die Verkabelung und Elektronik

Zu bauen gibt es eigentlich nicht mehr viel. Trotzdem verschlingt der RC Ein- und Ausbau doch immer wieder erstaunlich viel Zeit. Die gewählten Hitec 5085MG Servos passen tip-top. Die Schächte habe ich im Bereich der Servoschrauben von hinten je mit einem Stückchen Kiefernleiste aufgedoppelt, damit diese ein bisschen mehr Halt finden, als nur gerade im dünnen und weichen Pappelsperrholz. Die beiliegenden Kleinteile sind zum grossen Teil gut. Die Ruderhörner in Einheitsgrösse sind sauber aus GFK gefräst und die Länge der Servogestänge passt perfekt. Wenn die Kugelköpfe nicht so viel Spiel hätten, liesse sich damit eine saubere Anlekung aufbauen. Im Auslieferungszustand sind sie leider ein Fall für den Abfallkübel. Ich habe sie mit dem Heissluftföhn vorsichtig erhitzt, bis der Plastik weich wurde und sich zusammen zu ziehen begonnen hat. Nach dem Erkalten sassen dann die Kugel satt in der Fassung.

Nach dem Einbau der Servos galt es die Strippen zu verlegen. Bei zwei Servos, einem Einziehfahrwerk und einer Bremse pro Flügel kommt da einiges an Laufmetern zusammen. Insgesammt 20 Adern gilt es bei den Tragflächen anzuschliessen. Entgegen der Anleitung habe ich mich dazu entschlossen, jeden Flügel mit nur einem Steckerpaar anzuschliessen und diese auch nicht fest in der Flächenwurzel des Rumpfes zu verkleben. Wenn man die Stromversorgung der beiden Servos kombiniert, dann bleiben pro Flächenhälfte acht Adern zum Verbinden: Bremse (2 Adern), Fahrwerk (2 Adern), Signalleitungen für Flap- und Querruderservos (2 Adern) und die Stromversorgung der Flap- und Querruderservos (2 Adern). Das passt genau auf einen achtpoligen Multiplexstecker. (Bzw. ein sau teurer achtpoliger “Klon” davon. Im Elektronikfachhandel habe ich die Stecker leider nicht gefunden, weshalb ich sie zu Apothekerpreisen einzeln bei einem hier nicht zu nennenden Fachhändler kaufen musste, der mir trotz der “Grossmenge” von 10 Einzelstücken dafür auch noch 10 Franken Porto und Verpackung (ein Couvert!) verrechnete.)

Das gelbe Ding im ersten Bild ist die Bremselektronik der JP Hobby Räder.

Auch ins Heck führt ein beachtlicher Kabelstrang. Sebart hat hier dünnes GFK Rohr von der Mitte der Rumpföffnung bis unters Leitwerk verlegt. Darin verschwinden die drei Kabel zu den beiden Höhenruder- und dem Seitenruderservo. Saubere Sache. Im vorderen Teil habe ich dieses Rohr mit einem Gewebeschlauch bis vor die Nase verlängert. An der Seitenwand ist mit Klett zuerst die Bremselektronik und danach die Fahrwerkselektronik befestigt. Wie sich herausgestellt hat, wäre es aufgrund des Schwerpunktes nicht notwendig die Elektronik so weit vorne zu verbauen. Platz wäre auch weiter hinten genügend vorhanden.

Elf von zwölf Kanälen des REX 12 sind belegt:

  • 2x Querruder
  • 2x Flaps
  • 2x Höhenruder
  • 1x Seitenruder
  • 1x Bremse
  • 1x Einziehfahrwerk
  • 1x Bugradsteuerung
  • 1x Gas

Programmiert habe ich den Jet wie im Artikel Programmieren eines Jets mit Flugphasen beschrieben.

Die Bordstromversorgung wird durch das BEC des Jeti Mezon Reglers gestellt. Die Radbremsen haben neben dem Empfänger- bzw. Signalanschluss eine zusätzliche Versorgung für den Bremsstrom. Dieser Strom wird über den Balanceranschluss aus 4 Zellen des Antreibsakkus bezogen. Der Minuspol des Bremsanschlusses in der Bremselektronik ist mit dem Minuspol der RC Stromversorgung, und damit via BEC auch mit dem Minuspol des Antriebsakkus verbunden. Es ist entsprechen wichtig zu beachten, dass die 4s immer die “untersten” 4 Zellen (die vier Zellen gleich nach dem Minuspol) des Antriebsakkus sind. Erwischt man versehentlich den “oberen” Akku, gehen Regler oder Bremselektronik über den Jordan. Bei mir waren es gleich beide. Da ich zwei Akkusets für die Avanti habe, 2x4s und 1x3s+1x5s, habe ich je eine 4s und eine 5s Balancerbuchse für den Anschluss im Flieger. Beim 5s Akku verbinde ich trotzdem nur 4 Zellen mit der Bremselektronik, damit die Bremsspannung und damit auch die Bremswirkung bei beiden Akkusets die Gleiche ist. Die (asymmetrische) Ladungsentnahme ist marginal und wird vom Ladegerät beim Laden wieder ausbalanciert.

Flügel und Fahrwerk

Sebart sieht vor, dass die Flügel mit einer Blechschraube quer durch den Flügel in den CFK Flächenverbinder fixiert werden. Diese Lösung gefiel mir nicht weil es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Rohre im Bereich der Schrauben entweder zerfressen oder gespalten werden. Ich habe daher eine Lösung mit einer Holzeinschlagmutter abgekupfert und umgesetzt:

Die Metallschraube auf dem dritten Bild dient nicht etwa der Befestigung, sondern nur temporär zum “Anzeichnen” des benötigten Loches auf der Wurzelrippe des Flügels. Der Flügel wird schlussendlich von einer M 4 Kunststoffschraube am Rumpf gehalten. Um die Wurzelrippe etwas zu schonen und die Kraft etwas sauberer einzuleiten, habe ich auf der Innenseite des Flügels zusätzlich eine metallene Unterlagscheibe verklebt (nicht auf dem Bild).

Zur Montage der JP Hobby Räder musste ich das Loch für die Achsen in den Alubeinen von 3 auf 4mm aufbohren. Ansonsten habe ich den Flügel wie in der Anleitung beschrieben aufgebaut.

Für das Höhenruder habe ich mir, bzw. meiner Avanti, den “Tunigspant” von Fantastic Jets gegönnt. Da ich dort ebenfalls einen Einlauftrichter und einen Schaumstoffständer für die Avanti (und all meine anderen Flieger in dieser Grösse) bestellen wollte, musste ich bei deren Einfuhr in die Schweiz sowieso Zoll schon und Beamtenabnutzungsgebühren bezahlen. Damit ging der nicht gerade günstige Spant psychologisch im Gebührenrauschen unter. Aber zurück zum Thema. Diesen Spant verklebt man gleichzeitig in seiner endgültigen Position sowohl mit dem Rumps als auch mit dem Kohlestab, der die Höhenleitwerke trägt. Nach dem Aushärten des Epoxys sägt und schleift man das verbleibende Kohlestück in der Mitte weg. Damit steht der Kohlestab nicht mehr im Weg des Strömungskanals. So einen Spant kann man aber natürlich auch selbst aus einem Stück Sperrholz basteln, oder aber den Kohlestab wie vorgesehen einfach durchgängig belassen. Die Delle im Kanal soll keinen messbaren Einfluss haben, wie im RC-Network berichtet wird.

Triebwerk

Damit der Impeller genug unverwirbelte Luft bekommt, ist er mit einem Einlauftrichter zu versehen. Ich habe dazu den VDI Trichter von Fantastic Jets verbaut. Er passt saugend auf den Ejets Fan.  Beim Einbau des Triebwerks lohnt es sich den Impeller nicht zu weit vorne einzubauen. Im Gegenteil, es ist besser das Gebläse weit hinten am vorgesehenen Spant zu befestigen. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist der Flieger eher nasenlastig konstruiert. Den Akku nach vorne schieben ist überhaupt kein Problem, nach hinten sind jedoch Grenzen gesetzt, da er zunehmend in den Luftstrom zwischen den Einläufen und dem Impeller gerät und diesen stört. Der zweite Grund liegt ganz spezifisch bei dieser Luftführung: Die beiden Einlaufkanäle “schielen” im Auslieferungszustand sauber links und rechts am Triebwerk vorbei. Was bei einer Ausstattung mit Turbine aufgrund des geringen Luftbedarfs kein Problem sein mag, ist jedoch Gift für die durchsatzhungrigen Elektroimpeller. Je weiter hinten der Antrieb sitzt, desto mehr Platz hat die Luftströmung um doch noch den Weg aus den Kanälen in den Trichter zu finden. Zusätzlich sollten die Einlaufkanäle unbedingt ausgefräst werden um der Luft einen direkteren Weg zu ermöglichen.

Wie auf dem ersten Bild ersichtlich, habe ich den ganzen Antrieb zuerst genau nach Anleitung eingebaut und getestet. Mit der originalen “eckigen” Luftführung sank der Schub beim Aufsetzen der Kabinenhaube um 5N! Das grosszügige Öffnen der Strömungskanäle brachte Abhilfe. Auf diesen Bildern sieht man auch die beiden Kiefernleisten, die ich mit 5-Minutenepoxy unten am Kabinenhaubenrahmen angeklebt habe. An den beiden Leisten habe ich den Regler befestigt. Er befindet sich damit an einem gut belüfteten Platz. Das Einpassen und Einfügen des Trichters ist ein bisschen ein Gedulds- und Knobelspiel: Ein Geduldsspiel, weil er zwischen den Schleifgängen immer wieder eingesetzt werden muss um die Passung zu prüfen, und eine Knobelspiel, weil man zuerst herausfinden muss, wie man den (in Grenzen verformbaren) grossen Trichter überhaupt durch die schmale Öffnung an seine Position bringt.

Die 8s/5Ah Akkus kommen relativ weit hinten zu liegen und stehen so teilweise im Luftstrom. Ich befestige sie mit zwei Klettverschlüssen aus der Krabbelkiste (in ihrem früheren Leben haben sie Skier zusammengehalten).

Fliegen

Ende Oktober 2017 erfolgte der Erstflug. Von Anfang an war die Avanti angenehm und problemlos zu fliegen und erforderte lediglich ca. 1mm Hoch-Trimm. Inzwischen habe ich sie nach meinem Gusto eingestellt. Obwohl die Avanti durchaus sogar ein 3D Kunstflugjet ist, mag ich doch lieber das weiträumige, vorbildähnliche Jetfliegen. Grosse Figuren und sanfte G-Wechsel. Das kann sie genau so gut. Entsprechend sind die von Sebart vorgesehenen Ausschläge für mich nicht opportun. Wohlweislich hatte ich bereits für den Erstflug eine Dualrate mit reduzierten Ausschlägen nach Gutdünken parat. Im Moment fliege ich mit Ausschlägen gemäss der folgenden Tabelle, wobei ich meistens die kleinen Ausschlägen (DR Low) verwende: (Die moderaten Expowerte der DR Low Einstellung sollten auch bei DR High gut passen. Das werde ich entsprechend nachjustieren und dann hier updaten.)

DR High DR Low
UP / Left [mm] DN /Right [mm] Expo [%] UP / Left [mm] DN / Right [mm] Expo [%]
Querruder 15 14 0 12 11 15
Höhenruder 14 14 0 11 11 20
Seitenruder 27 27 0 20 20 25
DN [mm]
Flaps TO 15
Flaps LDG 55
Servoweg [%] Expo [%]
Bugrad TO/LDG 25.00% 35
Bugrad Taxi 100.00% 75

Zum Starten empfiehlt sich aufgrund des geringen Raddurchmessers des Hauptfahrwerks von 55mm eine Hartbelagpiste. Nach 50 Metern Rollstrecke reicht die Geschwindigkeit problemlos aus, damit das ausgetrimmte Modell (je nach Trimmung der Flaps Take Off Flugphase) von selbst, oder mit leichtem ziehen, abhebt und flach weg steigt. Die Landeklappen sind dabei ca. 15 mm nach unten gestellt. Nach dem Abheben sofort das Fahrwerk und auch gleich die Klappen einfahren sowie die Bremsen kurz antippen, damit die noch drehenden Räder stoppen. Dann kann es los gehen.

Grundsätzlich fliegt die Mini Avanti S wie auf Schienen. Mit diesen Einstellungen ist es eine Wonne, wie sie ruhig, präzise und sanft durch die grossräumigen Figuren geflogen werden kann. Der gewählte Antrieb (Jetfan 90/Leomotion 4038-1500 an 8s/5Ah) verleiht ihr, trotz einem Schub-Gewichtsverhältnis von weniger als 1, mehr als genügend Dampf für unglaublich lange und kräftige Aufwärtspassagen. Loopings mit 150 Meter Durchmesser sehen wunderbar aus und wer will kann auch solche mit 200 Metern Durchmesser fliegen. Grosse Wendefiguren, halbe Loopings in allen Varianten und Schräglagen, Lazy Eights oder Walzen gehören zu den Lieblingsfiguren des Modells. Rückenflug erfordert mit dem angegebenen Schwerpunkt (die angegebenen 145 mm liegen übrigens genau auf den vorderen Schrauben des Einziehfahrwerks) nur sehr wenig nachdrücken, und Rollen – auch schön langsam geflogene – gelingen problemlos schnurgerade. Beim Anstechen liegen gut 250 km/h drin und im Langsamflug zeigt sie ihre Kunstflugwurzeln: Wenns ihr zu bunt wird, geht sie ohne abzukippen in den Sackflug über. Beim Start fliessen 110 bis 115 A, im Flug liegt der Verbrauch meist zwischen 20 und 50 A. Die Flugzeit der Avanti ist erstaunlich. Bei 75-80% Entladung der 8s/5Ah ergeben sich bei akrobatischem Fliegen ca. sechs Minuten, und beim grossräumigen “Jetfliegen” sogar gut sieben Minuten Flugzeit. Dabei legt die Avanti pro Akku eine Streke von etwa 14 km zurück.

Vor der Landung fahre ich das Fahrwerk aus und kontrolliere dies in einem Überflug. Die Avanti hat mich dabei glücklicherweise noch nie im Stich gelassen. Ab der Hälfte des Downwindes setze ich “Flaps Landing”. Die 55mm weit ausgefahrenen Landeklappen erzeugen einerseits etwas zusätzlichen Auftrieb, vor allem aber Widerstand, den man gut zum regulieren des Gleitpfades einsetzen kann. Von nun an sollte die kleine Italienerin vorwiegend mit dem Gas zur Pistenschwelle gesteuert werden. Für die Landung mit voll gesetzten Flaps ist es wichtig, das Gas nicht knapp über dem Boden “wenn alles stimmt” weg zu nehmen. Aufgrund des grossen Widerstandes mit den ausgefahrenen Klappen sackt sie sonst sofort durch. Am Besten gelingen die Landungen, wenn man die Avanti mit dem Gas-Setting des stabilen Endanfluges einfach weiter sinken lässt. Im Bodeneffekt lässt sie sich damit noch kurz abflachen, bevor man aufsetzt und erst dann das Gas heraus nimmt. Die Radbremsen besorgen dann, besonders auf unserer kurzen Piste, den Rest und schonen das Fahrwerk, indem sie nicht ins Gras rollt. Die originalen 4mm Stifte, welche die Fahrwerksbeine mit der Mechanik verbinden, sind ungehärtet und verbiegen sehr schnell. Ich habe sie nach den ersten Flügen gegen gehärtete Passstifte ausgetauscht. Auch hat es bei härteren Landungen die Aluzunge des Schleppgelenks des Hauptfahrwerkbeins verbogen. Hier rächt sich womöglich das gegenüber der Katalogauslegung erhöhte Gewicht.

Fazit

Ich glaube, ich konnte es nicht verbergen: Die kleine Italienerin hat es mir angetan. Die elegante Linienführung und die hervorragenden Flugleistungen lassen meine anderen Jets manchmal sogar etwas verblassen. Durch das ruhige Flugverhalten erscheint die kleine Avanti wie ein wesentlich grösserer Jet, sowohl für die Zuschauer als auch für den Piloten an den Knüppeln. Es macht eine riesen Freude sie in grossen, kraftvollen Figuren majestätisch durch den Himmel zu dirigieren und die Zaungäste in Staunen zu versetzen :)

.o0(50 Flüge bei durchschnittlich knapp sieben Minuten Flugzeit und 14 km Strecke pro Flug sind 700 km in fünfeinhalb Stunden bei einem Verbrauch von etwa 7 kWh…)

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