1.21 Gigawatt
Jetzt, wo ich so ein Superdupperladegerät habe, war das schwarze Böxchen, dass die für alle Zeit ausreichenden 20 Ampère bei 12 Volt liefert, plötzlich irgendwie zu – ja – doch zu schwachbrüstig. Da musste etwas ganz anderes her. Mit so richtig Bums für das neue Dings!
Da ich, wie Doc Brown in den 50er Jahren, gerade weder passendes spaltbares Material zur Hand hatte, noch der Mr. Fusion inzwischen erfunden ist, musste eine Alternative her, die sich gut zum Einbau in einen transportablen Koffer eignet. So ein Server braucht ja auch ungeheure Leistungen bei kleinen Gleichspannungen, dachte ich, und erkundigte mich bei unserem Hardwarechef nach passenden Netzteilen, die im Moment gerade Stapelweise zusammen mit der Hardware ausrangiert werden. Und siehe da: Einen Tag später lagen 6 Netzteile aus Dell 1850er Servern auf meinem Tisch. 12V bei 45A.
Wunderbar! Das ist ja schon mal das doppelte von dem was mein Ripmax leisten kann. Und da ja die Server immer zwei Netzteile drin haben die gleichzeitig speisen, müsste es auch relativ leicht möglich sein zwei Stück parallel zu schalten. Nach einer kurzen Recherche war klar: Das würde kein Problem darstellen. Die Anschlussleiste besitzt dazu extra zwei Pins, die zusammengeschaltet werden können. Über diese synchronisieren die beiden Netzteile ihre Spannungen damit sie die Last gerecht verteilen können. 90A bei 12V wären also sichergestellt. Noch lieber hätte ich aber die 1.21 Giga 1.1 Kilowatt allerdings bei 24V und 45A. Wir wissen ja, der Leitungsverlust und damit auch die Belastung der Kabel und anderen Stromführenden Teile nimmt mit dem Quadrat des Stroms zu: P=I²R. Nach einer Inspektion des erfreulich sehr sauber aufgebauten Innenlebens war klar, dass der “Minuspol” über die Platinenschrauben auf das Gehäuse und damit mit der Erde verbunden war. Es reicht also bei einem Netzteil die Platine vom Gehäuse zu Isolieren um einen floating Ground zu erhalten. (Auf keinen Fall die Erdung des 230V Anschlusses kappen!)
Gesagt, getan, wurde am Abend eines der Netzgeräte geöffnet und umgebaut. Das Messgerät bestätigte die Erwartung: Der 12V war jetzt nicht mehr mit dem Rest der Welt verbunden und es konnte mit dem ersten Netzgerät in Serie geschaltet werden.
Damit das Netzteil jedoch überhaupt Strom liefert, müssen zuerst die Pins “Konfigurationsleiste”, hinten beim grossen Stecker, richtig beschaltet werden. Hier hilft eine Grafik mit dem Pinout, die ich in den rcgroups gefunden habe. Wie es scheint bin ich nicht der Erste der auf diese Idee gekommen ist:
Also habe ich mir zwei Stecker gelötet, welche die Pins A1, B1 und B6 miteinander verbinden. Über diese Pins lässt sich noch viel mehr steuern und wer will, kann sogar einen zusätzlichen Anschluss einbauen, der es erlaubt die Ausgangsspannung zu einzustellen. Das habe ich allerdings nicht gemacht.
Da wir auf unserem Flugplatz Strom aus der Standleitung haben, sollte die ganze Angelegenheit natürlich transportabel werden. Also ab in einen passenden Koffer damit. Im örtlichen Baumarkt fand ich einen Alu-Werkzeugkoffer der gerade genug Platz für die langen Netzteile und eine vernünftige Kühlluftführung bietet. Aus 4mm Sperrholz habe ich ein genau in den Koffer passendes Gehäuse gebaut.
Auf der einen Seite befindet sich die “Hochstrominstallation” unter einem geschraubten Deckel. Die je drei 0/12V Anschlusslaschen pro Netzteil habe ich mit dickem Kupferdraht doppelt verbunden. Auf dieser Seite wird ebenfalls die Kühlluft durch ein seitliches Loch im Gehäuse angesaugt. Damit kein Dreck und Kurzschlussverursachende Gegenstände zum Aufbau vordringen können, ist dieses Loch mit einem Staubsaugervlies und einem Aluminiumgitter abgedeckt.
Die beiden Netzteile habe ich in Serie geschaltet, jedoch sowohl 12V wie auch 24V mit 4mm² Kabel auf die Buchsenleiste auf dem Deckel geführt. Zu beachten ist natürlich, dass die Gesammtstromentnahme die 45A nicht überschreiten darf. Das habe ich übrigens vergessen auf das Gehäuse zu schreiben. Muss noch nachgeholt werden.
Auf der “Hochspannungsseite” (230V) ist das Gehäuse offen und mit einer passend dazu gelöteten Kabelpeitsche versehen. Diese verzweigt sich von einem ordinären Netzstecker in zwei Kaltgerätestecker, die in die zwei Buchsen der Netzteile münden. Auf dieser Seite befördern die insgesamt 4 Föns (zwei in Serie pro Netzteil) die erwärmte Kühlluft wieder aus den Netzgeräten heraus. Erstaunlicherweise, und zu meinem Erleichtern, sind diese kleinen Miniaturgebläse gar nicht so laut wie zuerst befürchtet.
Aus ein paar Schaumstoffstücken habe ich schliesslich noch passende Platzhalter geschnitten un in den Deckel geklebt. Diese halten das Ladegerät und den Holzkasten mit den Netzteilen beim Transport in Position.
Natürlich musste mein 1.21 Gigawatt Ladekoffer sofort (noch vor der endgültigen Vollendung) ausprobiert werden. Auch wenns nur zwei kleine Akkus waren, erfreut doch der Wirkungsgrad von immerhin 94% bei 165W Ladeleistung.
Die ersten praktischen Einsätze in diesem Frühling werden zeigen, was ich noch alles in meinen Koffer einbauen werde. Das Verlängerungskabel und all die verschiedenen Ladekabel müssen ja auch transportiert werden. Und es wäre ja schade, nicht mit passenden Einbauten für Ordnung zu sorgen ;)
Hat sichs gelohnt? Hmmm, wenn man bedenkt, dass man (vermutlich) inzwischen 1kW Netzteile aus China für vergleichsweise “geschenkt” bekommt – ein nüchternes “Nein”. Wenn man hingegen den Spass beim Bau und die Freude, dass man selbst aus altem “Schrott” etwas tolles und brauchbares gemacht hat in Betracht zieht – dann ein begeistertes “Ja!”. Schliesslich sind wir ja Modellbauer (und manchmal auch ein bisschen verklärte Weltverbesserer). Und: So passt mein Kraftwerk perfekt in meinen Koffer :)
Schöne Flugsaison, wünsche ich.
Ach ja, Da war noch was: Einen Tag später stand dann plötzlich noch ein weiteres Netzteil an meinem Platz:
Aber 66A bei 42V fand ich übertrieben und ich blieb bei meinen zwei Kleinen. 1.1kW wird ja wohl für alle Zeiten reichen. Oder etwa nicht? ;)
Tags: Technik